Schlechte Nachrichten aus der Perspektive von Miep Gies

Miep Gies (1945)
Miep Gies (1945)
Miep versuchte, die Bewohner des Hinterhauses so umfassend wie möglich über die Geschehnisse draußen zu informieren. Als die Nachrichten jedoch immer schlimmer, unvorstellbarer und auch widersprüchlicher wurden, beschloss sie, nur noch das Gute zu glauben und auch nur noch die guten Neuigkeiten ins Hinterhaus zu tragen. Diesen Entschluss fasste sie Ende Oktober 1942, nachdem sie den Untergetauchten erzählt hatte, sie habe gesehen, dass die Wohnung der Familie van Pels leergeräumt worden sei. Doch vor allem Anne machte es ihr nicht leicht.

"Zufällig beobachtete ich eines Tages, wie das Haus der van Daans [van Pels] ausgeräumt wurde. Frau van Daan hatte das keineswegs gelassen aufgenommen, sondern sich fürchterlich aufgeregt. Ich schwor mir, solche Risiken künftig zu vermeiden und meine Neuigkeiten wohldosiert zu verabreichen, was jedoch nicht so leicht durchzuführen war. Anne hatte das Zeug zu einer hervorragenden Detektivin. Sie spürte, wenn ihr irgendetwas verheimlicht wurde, sie bohrte und trieb mich in die Enge, brachte mich durch unentwegtes Anstarren aus der Fassung, bis ich mich genau das offenbaren hörte, was ich zu verschweigen beschlossen hatte."

Zitiert aus dem Buch 'Meine Zeit mit Anne Frank – Der Bericht jener Frau, die Anne Frank und ihre Familie in ihrem Versteck versorgte, sie lange Zeit vor der Deportation bewahrte – und sie doch nicht retten konnte.' von Miep Gies in Zusammenarbeit mit Alison Leslie Gold (Frankfurt a. M. : Fischer Taschenbuch Verlag, 2009)

 
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