Antwort von Miep Gies: "Anne war erst 4 Jahre alt, als ich sie kennen lernte. Sie war so neugierig, dass es regelrecht lästig werden konnte, ihre vielen Fragen zu beantworten. Zusammen mit ihren Freundinnen kam sie in das Büro, wo ich als Otto Franks Sekretärin arbeitete. Die Mädchen spielten mit den Telefonen und spritzten Wasser vom oberen Stockwerk auf die Leute unten auf der Straße, bis ich ihrem Treiben Einhalt gebot. Ehrlich gesagt fand ich sie ziemlich vorlaut. Das änderte sich, als sie mit 13 untertauchte. Sie entwickelte ein starkes Interesse an dem Verhalten von Menschen. Obwohl sie gerne den Ton angab, verhielt sie sich ruhig, wenn ein anderer sprach und beobachtete denjenigen genau. Deswegen konnte sie die Untergetauchten so gut beschreiben. Zuerst wollte ich das Tagebuch nicht lesen, denn ich wollte den Schmerz nicht wieder aufwühlen. Doch als ich auf Drängen Otto Franks mit der Lektüre begann, konnte ich gar nicht mehr aufhören! Anne erweckte meine Freunde wieder zum Leben. Ich hörte ihre Stimmen, ihr Lachen, ihre Diskussionen wieder. Obwohl ich oft weinen musste, dachte ich immer wieder: Anne, du hast mir eines der schönsten Geschenke gemacht, die ich je bekommen habe!"